Du lehnst dich rüber zu mir, so nah, dass ich die Sommersprossen auf deiner Nase zählen kann. Ich frage mich, ob es schon immer so viele gewesen sind oder ob die Sonne sie unterwegs hervorgebracht hat.
Du siehst mich an. Ich sehe auf den Boden. Als du mich küsst, hälst du mein Gesicht in deinen Händen. Mutig von dir. Immerhin bin ich älter als du und habe eigentlich klar gesagt, dass ich nur reden will.
Aber da sitzen wir nun. Die Kakerlaken irren um unsere Füße. Die Khao San Road tönt an unsere Ohren.
Küssen.
Wir treffen uns zufällig, beide in verschiedenen Gruppen von Fremden unterwegs, verloren in Bangkoks Zirkus der Obskuritäten. Du rempelst mich mit deinem Stuhl an. Lächelst entschuldigend dein breites, australisches Lächeln. Der Alkohol in mir lächelt zurück. Du setztdich neben mich, teilst deinen Eimer mit mir.
Reden.
Über alles und nichts. Du erzählst mir, dass du schreibst. Romane. Ich sage, dass ich das Gleiche versuche.
Schreiben.
Vielleicht waren bestimmt dazu, uns zu treffenan diesem Ort, den wir beide verlassen wollen, sagst du. Die anderen verfolgen weiter ihre Mission, sich auf die Khao San Road zu stürzen, mit voller Wucht. Du fragst, ob ich woanders hingehen wolle. Ich will. Ich will mit dir sitzen, irgendwo. Mit dir reden, irgendwas.
Wir landen in einer kleinen Bar, die bald schließen wird. Überraschung. Es gibt eine Bar im Spinnennetz der Khao San, die nicht 24 Stunden geöffnet ist.
Du sagst, ich sei anders. Ich sage, ich sei vergeben. Keine Ahnung wieso. Die Worte purzeln einfach so heraus. Dennoch tanzen wir umeinander, Körper sehnen sich nach Berührung, doch berühren sich nicht.
“Wäre es vollkommen falsch, wenn ich dich küssen würde?”
“Ich weiß nicht.”
Ich weiß es wirklich nicht.
Aber wir schmecken bittersüß.
Dein Hotelzimmer ist schäbig. Der Ventilator rattert, die Laken sind verwaschen. Wir stehen nur da. In Flip Flops. Sehen uns an.
“Ich kann nicht bleiben.”
“Ich möchte nur noch ein bisschen mehr Zeit mit dir verbringen, das ist alles. Weil ich glaube, wir haben uns heute Nacht nicht zufällig getroffen.
“Ich weiß. Aber ich… ich kann einfach nicht. Tut mir Leid.”
Gehen.
Aber auf den Stufen drehe ich mich noch einmal um, sehe dich an. Ich weiß, warum ich gehen muss. Denn ich bin, in der Tat, vergeben. An mich selbst. Und das ist die Romanze, an der ich arbeiten muss.
Ich denke manchmal noch an dich. Immer wieder mal. Und der Gedanke an dich treibt mich voran, näher heran an die Person, von der ich weiß, dass sie in mir steckt.
Diejenige, die dich küsste in dieser Nacht.
Nicht diejenige, die ging.





Gänsehaut.
Wow!