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Vagabonds! - Leseprobe.

Drei.

Hailey steht unter Schock. In den letzten zehn Minuten hat sie zum ersten Mal in ihrem Leben ein leichtes Mädchen gesehen, zwei Kakerlaken sind ihre Beine hinaufgekrabbelt und sie ist fast von einem Bus überfahren worden. Jetzt diskutiert sie mit ihrem Taxifahrer, der sie partout nicht zum Hilton fahren will, sondern vor einer schäbigen Markthalle gestoppt hat.

„Nein, nein. HIL-TON! Verstehen sie? HO-TEL! BETT! SCHLAAAA-FEN!“

Hailey ist das Lächeln vergangen. Daddy hat ihr den Tipp gegeben, falls sie jemals verloren geht, soll sie sofort ins nächste Taxi steigen und einfach nur „Hilton“ sagen. Daddy ist bestimmt nicht reich, aber Mr. Hilton Amerikaner, das Hilton also praktisch genauso sicher wie die amerikanische Botschaft. Daddy würde ohne mit der Wimper zu zucken die teuerste Suite des Hotels zahlen, solange er wüsste, dass seine Kleine in Sicherheit ist. Das hätte sie im Übrigen gleich machen sollen. Aber sie hatte Daddy beweisen wollen, dass sie alleine zurechtkommt und deshalb von zu Hause mit seiner Kreditkarte das „Good Sleep Hostel“ auf der Khao-San-Road gebucht.

Und jetzt hat sie den Salat. Die Nacht ist über Bangkok hereingebrochen wie die Müdigkeit über Hailey, aber ein korrupter Taxifahrer steht zwischen ihr und einhundert Prozent ägyptischer Baumwolle.

„Du kaufen Souvenir bei meiner Schwester, dann ich dich fahren Hilton,“ sagt der nun zum wiederholten Male und Hailey gibt auf.

„Okay, okay. Ich komme mit. Aber danach geht es sofort ins Hilton, bitte!“ Sie ist genervt und müde und verzweifelt, hat nicht die Kraft, sich einen neuen Taxifahrer zu suchen, der sie wahrscheinlich genauso wenig dahin fahren würde, wo sie hinwill. Darum steigt sie aus. Den pinken Samsonite hinter sich herziehend, folgt sie dem chinesischen Taxifahrer in die Markthalle. Souvenirs muss sie eh kaufen – warum also nicht gleich, dann hat sie es aus dem Kopf, denkt Hailey, entschlossen der Situation noch etwas Gutes abzugewinnen.

Eine Stunde später steht sie dann mit einem „I heart Bangkok T-Shirt“, einer Buddha-Figur und einem Papierfächer wieder vor dem Good Sleep Hostel.

„Nein, nein, nein! Ich wollte doch ins Hilton!“ schreit Hailey dem Taxifahrer nach, der bereits den nächsten Fahrgast ins Verderben fährt. Es ist dunkel und die Fremde sieht überall gleich aus in der Nacht. Hailey hat nicht gemerkt, dass sie einfach nur zweimal um den Block gefahren wurde.

Genug! Es reicht! Schluss damit! Hailey will nur noch schlafen - und wenn sie sich ein Zimmer mit zwanzig anderen teilen muss!

Sie rollt mühselig den pinken Samsonite zurück ins Good Sleep Hostel und stellt mit Erleichterung fest, dass ein anderes Mädchen am Empfang sitzt, Hello Kitty nun auf dem T-Shirt.

„Hi, ich habe einen Schlafsaal gebucht für heute Nacht.“

„Wie ist der Name?“

„Hailey Simmons.“

Das zweite Hello Kitty Mädchen sucht im Computer nach Haileys Reservierung.

„Sehr gut, Hailey. Du bist in Schlafsaal Nummer zwölf, das hier ist deine Zimmerkarte. Bei Abreise musst du die Laken abziehen und zur Rezeption bringen.“

All das weiß Hailey natürlich schon, aber sie ist zu erschöpft, um das chinesische Mädchen zu unterbrechen und so steht sie nur da und lächelt ihr breites Lächeln, das sie vergessen hat, abzuschrauben.

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  1. Rieke sagt:

    Was soll ich sagen? Ich mochte die Beiden von Anfang an und find die Story wirklich toll geschrieben :-)

  2. Joe Bargain sagt:

    Ich bin schon so gespannt, wie die Geschichte weitergeht. Bitte weiterschreiben!

  3. Skraal sagt:

    Hallo Gesa,

    Hailey nervt, sie ist furchtbar, was will die in Thailand, so kann man doch nicht „richtig reisen“, was für ein verwöhntes, arrogantes Gör. Mir ihr hast Du eine Figur geschaffen, die bei mir Emotionen weckt und mit einer gewissen Schadenfreude will ich wissen, was ihr noch so alles schlimmes zustößt.

    Bei Oskar will ich zunächst wissen, warum er jetzt in Bangkok ist, warum er kein Geld mehr hat und was er die letzten 20 Jahre hier gemacht hat.
    Und natürlich will ich lesen, wie sich die zwei zusammenraufen.
    Die ersten Kapitel lesen sich flüssig, man ist als Leser schnell in der Geschichte und will wissen wie’s weitergeht.

    Langer Reder kurzer Sinn: mir gefällt’s, mach weiter!

  4. gesaberlin sagt:

    Hallo Skraal,

    Vielen Dank für dein Feedback! Genau diese Reaktionen/ Gefühle hatte ich gehofft, zu erzeugen. Ich sage nur so viel: Bleib gespannt, im Verlauf der Geschichte wird sich so einiges ändern - vielleicht sogar die Gefühle des Lesers gegenüber der (mehr als) nervigen Hailey..

    Danke, nochmals! Ich schreibe fleißig weiter :-)

  5. Stefan sagt:

    sehr guter anfang gesa! bin wirklich gespannt wie sich die story weiter aufbaut und entwickeln wird!
    halt mich auf dem laufenden!!!

    liebe grüße!

  6. bedouinwriter sagt:

    Vielen Dank dir, Stefan! Ich sitze dran! (Jetzt endlich wieder…)

  7. Hannes sagt:

    Moin Gesa,
    Am Anfang fand ich, dass Du Hailey ein wenig zu schnell charakterisieren willst, wie mit einem Vorschlaghammer. “Merkwürdige Chinesen”, “Robert Pattinson”, “Daddy”?! - Alles klar!

    Die Geschichte nimmt aber sehr schnell Fahrt auf und macht grossen Spass, besonders weil man merkt, wie Du eigene Reiseerfahrungen einwebst.

    Von Oskar weiss ich noch nicht genug, will jetzt aber unbedingt wissen, was die beiden zusammen noch erleben werden… Und ich bin sicher, dass wir auch Hailey noch viel differenzierter kennen lernen werden. Freu mich drauf.

    Hoffentlich bis bald mal wieder.
    Viele Grüße.
    Hannes

    • TravelBruce sagt:

      Hi Gesa

      ich finde diese “schnelle Charakterisierung” super. Du transportierst viel mehr als nur Haileys Charakter, nämlich den Kulturschock, einen Teil Geschichte und in gewisser Weise das, wovor sich ein jeder erfahrener Reisende hütet, zu denken, da er weiß, dass der erste Schein nur durch die subjektive Wahrnehmung entsteht, fern jeder Realität liegt und nur auf die eigene Unerfahrenheit und das “Neu-Sein” zurückzuführen ist. Du lässt den Leser den ersten und wichtigsten Fehler des Reisenden erleben, nämlich unaufgeschlossen in diese neue Erfahrung zu gehen - was in deiner Geschichte (und der Realität, sofern die Person nicht sofort aufgibt) vermutlich zu einem interessanten Lernprozess und einer Wandlung der Person führen wird.
      Schreib bitte so weiter, das ist flüssig und man taucht sehr schnell in deine Geschichte ein!
      PS.: Sieht man im Hintergrund den Pier von Ko Tao?

      Cheerio,
      Andi

    • TravelBruce sagt:

      Hi Gesa

      ich finde diese “schnelle Charakterisierung” super. Du transportierst viel mehr als nur Haileys Charakter, nämlich den Kulturschock, einen Teil Geschichte und in gewisser Weise das, wovor sich ein jeder erfahrener Reisende hütet, zu denken, da er weiß, dass der erste Schein nur durch die subjektive Wahrnehmung entsteht, fern jeder Realität liegt und nur auf die eigene Unerfahrenheit und das “Neu-Sein” zurückzuführen ist. Du lässt den Leser den ersten und wichtigsten Fehler des Reisenden erleben, nämlich unaufgeschlossen in diese neue Erfahrung zu gehen - was in deiner Geschichte (und der Realität, sofern die Person nicht sofort aufgibt) vermutlich zu einem interessanten Lernprozess und einer Wandlung der Person führen wird.

      Schreib bitte so weiter, das ist flüssig und man taucht sehr schnell in deine Geschichte ein!

      PS.: Sieht man im Hintergrund den Pier von Ko Tao?

      Cheerio,
      Andi

  8. Elina sagt:

    Hey Gesa

    Schade gibt es nur 6 Seiten. Ich könnte das ganze Buch auf einmal lesen!
    Ist wirklich gut geschrieben, man ist von Anfang an in der Geschichte und obwohl ich noch nie in Bangkok war, sehe ich es direkt vor mir :)

    keep writing!!!

    Cheers
    Elina

  9. Mathieu Contopidis sagt:

    Hatte viel Spaß beim lesen und möchte auch wissen wie es weiter geht.
    Vielleicht willst du noch ein paar falsche Fährten legen, damit die Geschichte nicht zu durchschaubar wird !?
    Laters Mathieu

  10. bedouinwriter sagt:

    Ihr Lieben, vielen Dank für euer Feedback!!!

    Ungefähr die Hälfte des Buches ist mittlerweile fertig gestellt, und ja: die Geschichte wird noch um einiges verworrener. Vielen Dank auch für deinen Einwand, Mathieu! In der Hinsicht kann ich dich beruhigen: da passiert noch einiges ;-)

  11. Heiko sagt:

    Sawadee krap Gesa,

    Eine schöne Geschichte und ich bin wirklich gespannt wie es weitergeht.

    Deine beiden Protagonisten beschreiben Personen die ich zuhauf auf meinen Reisen kennen lernen durfte. Die, die ihre alte Umgebung nicht abstreifen können, und die, die sich nicht mehr daran erinnern wie es einmal war.

    Well done Gesa!

    PS: Den ersten Kontakt mit Thailand in Bangkok zu erfahren ist aber auch ne harte Nummer ;-)

  12. Torsten sagt:

    Wann und wo ist denn Dein Buch zu kaufen?

  13. bedouinwriter sagt:

    Hallo Torsten,

    Ich hoffe, dass ich es bis Sommer nächsten Jahres fertigstellen werde. Es wird voraussichtlich als E-Book im Eigenverlag erscheinen und dann auch bei Amazon käuflich zu erwerben sein.
    Aber wer weiß, was bis dahin passiert… Ich halte euch auf jeden Fall auf dem Laufenden!

  14. tzme sagt:

    Hallo Gesa,

    wirklich super! Kompliment! Man taucht sehr schnell ein, kann richtig miterleben, wie deine zwei Protagonisten sich fühlen. Viel Spaß beim weiterschreiben. Gibt es noch weitere Leseproben? :D
    Ich freue mich auch sehr für Dich, wie viele nette Kommentare in den letzten Tagen dazugekommen sind.

    Liebe Grüße & alles Gute

  15. bangkok sagt:

    Während ich diese Zeilen lese liege ich mitten in Bangkok in einem Bett das ich mir mit jemanden teilen muss ;) freiwillig!
    Nun zu deinem Text. Ich habe den Text gespannt zu Ende gelesen. Die Story involviert einen sofort, ist spannend und zwingt quasi dazu mehr von den beiden extremen Charakteren zu erfahren. Du übertreibst allerdings manchmal merklich und solltest teilweise Synonyme verwenden, speziell für oft genannte Worte und Phrasen (Daddy). Auch würde ich darauf achten nicht zu klischeehaft aufzutreten. Ich gebe dir 4 von 5 Punkten.

  16. Caroline sagt:

    Ich mag Reisebücher, in denen der Autor nicht nur selbst Protagonist ist, auch wenn vielleicht in dir oder in jedem von uns beim Reisen ein ganz bisschen Hailey oder Oskar steckt. Wenn du andere von dem Land erzählen lässt, das du selbst gesehen hast, ist das bestimmt schwieriger, gibt für ein Buch aber die bessere Story her.

  17. Timo sagt:

    Du hast einfach eine großartige “Schreibe” - freue mich riesig darauf, das ganze Werk zu lesen!

    • bedouinwriter sagt:

      Heee, danke Timo! es ist noch ein weiter Weg, aber irgendwann wird vielleicht mal ein ganzes Buch draus :-)

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