Sechs.
Oskar bleibt bis kurz vor Mittag in Zimmer Nummer zwölf. Die anderen haben ausgecheckt oder erkunden die Stadt. Oskar sieht sich um. Alle Habseligkeiten sind in den Safes einschlossen. Klauen wird er sowieso nichts. So tief ist er nicht gesunken. Noch nicht. Unter einem Stockbett findet er eine angefangene Tüte Chips. Die krallt er sich und schüttet den Inhalt gierig in den Mund. Sollen sie ihn doch verhaften.
Zeit aufzubrechen. Wohin auch immer. Das Herz schlägt schwer in Oskars Brust, er ist noch immer müde. Oskar nimmt seine Tasche. In seiner Hosentasche klimpern ein paar Münzen. Die letzten Scheine sind für die Nacht draufgegangen. An der Rezeption bekommt er noch hundert Baht für die Zimmerkarte zurück. Dann setzt er sich draußen auf den Bordstein.
„…Kiffen?“
Ein Bengel mit Rasta-Zöpfen und nacktem Oberkörper setzt sich neben ihn und bietet ihm einen Joint an.
„Ja, danke.“
„Lange Nacht?“
„Kann man so sagen.“
„Woher kommst du?“
„Von überall her.“
„Und wie lange reist du schon?“
„Schon immer.
„Wow. Cool, Mann. Du hast bestimmt viele Geschichten zu erzählen.“
Der Bengel mit den Rastas sieht ihn erwartungsvoll an. Wenn er denkt, dass Oskar mit Abenteuergeschichten für das Gras bezahlt, dann hat er sich gewaltig geschnitten.
Als Oskar schweigt, sagt der Rasta-Junge: „Und, wohin geht’s als nächstes?“
„Nach Hause.“
„Cool, Mann. Und wo ist zu Hause?“
„Das weiß ich selbst nicht so genau.“
„Scheiße, Mann. Ich weiß genau, wovon du redest. Wenn man so viel unterwegs ist wie wir, dann vergisst man irgendwann, wo man herkommt, wo man hingehört. Ist nicht leicht, so ein Leben unterwegs. Ich komme aus Coffs Harbour, das ist in Australien. Aber zu Hause bin ich in der Welt, genau wie du, Mann…“
Der Rasta-Junge redet und redet. Oskar hört nicht zu. Das Gras vernebelt seinen Kopf. Klar denken kann er nicht. Er ist froh darüber.
„HEY! Hey, Sie da!“
Oskar sieht hoch. Ein Mädchen mit pinkem Rollkoffer marschiert geradewegs auf ihn zu.
„… Was ist jetzt schon wieder los?“
„Sie haben letzte Nacht in meinem Bett geschlafen!“
„Heeee, Respekt, Mann!“ sagt der Rasta-Junge.
„Ich hab…WAS?!“
„Sie wissen genau, wovon ich rede!“
Oskar weiß nicht, wovon sie redet.
„Letzte Nacht, im Schlafsaal Nummer zwölf. Sie haben mir meine Zimmerkarte geklaut!“
Jetzt fällt es Oskar wieder ein. Vor ihm steht das Mädchen mit der Taschenlampe von letzter Nacht.
„Mädchen, ich hab’s dir letzte Nacht schon gesagt: Das war mein Bett und du hattest darin nichts verloren!“
„… Hast sie eiskalt abserviert, was? Nicht schlecht, alter Mann!“ sagt der Rasta-Junge.
„Und du hältst auch die Schnauze!“ blafft Oskar den Burschen von der Seite an.
„Hey, Peace… Komm wieder runter, Opa. Mit dir teil ich nie wieder meinen Shit…“
Der Rasta-Junge trollt sich. Das will Oskar ihm auch geraten haben.
„Ich will mein Geld zurück,“ sagt das Mädchen.
„Dann geh zur Rezeption und beschwer dich da.“
„Das habe ich schon getan. Mehrmals. Man weigert sich, mir zu helfen. Ich habe die letzten 24 Stunden nicht geschlafen und die Nacht auf offener Straße verbracht. Ich habe Hunger und Durst und das ist alles IHRE Schuld!“
„MEINE Schuld?“
Oskar kann es nicht fassen.
„Ja, Sie haben meine Zimmerkarte geklaut und in meinem Bett geschlafen. Ich will 550 Baht von Ihnen. Sofort.“
„Pffft. Mädchen, bei dir sitzt wohl der Hut nicht mehr ganz richtig.“
„Ich heiße Hailey. Hailey Simmons. Und ich verlange, dass Sie mir sofort mein Geld geben… oder… oder ich werde…“
Großartig. Jetzt fängt das Mädchen namens Hailey Simmons vor Oskar Matthes auch noch das Heulen an.
Halleluja. Der Tag fängt ja gut an.
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Was soll ich sagen? Ich mochte die Beiden von Anfang an und find die Story wirklich toll geschrieben
Ich bin schon so gespannt, wie die Geschichte weitergeht. Bitte weiterschreiben!
Hallo Gesa,
Hailey nervt, sie ist furchtbar, was will die in Thailand, so kann man doch nicht „richtig reisen“, was für ein verwöhntes, arrogantes Gör. Mir ihr hast Du eine Figur geschaffen, die bei mir Emotionen weckt und mit einer gewissen Schadenfreude will ich wissen, was ihr noch so alles schlimmes zustößt.
Bei Oskar will ich zunächst wissen, warum er jetzt in Bangkok ist, warum er kein Geld mehr hat und was er die letzten 20 Jahre hier gemacht hat.
Und natürlich will ich lesen, wie sich die zwei zusammenraufen.
Die ersten Kapitel lesen sich flüssig, man ist als Leser schnell in der Geschichte und will wissen wie’s weitergeht.
Langer Reder kurzer Sinn: mir gefällt’s, mach weiter!
Hallo Skraal,
Vielen Dank für dein Feedback! Genau diese Reaktionen/ Gefühle hatte ich gehofft, zu erzeugen. Ich sage nur so viel: Bleib gespannt, im Verlauf der Geschichte wird sich so einiges ändern - vielleicht sogar die Gefühle des Lesers gegenüber der (mehr als) nervigen Hailey..
Danke, nochmals! Ich schreibe fleißig weiter
sehr guter anfang gesa! bin wirklich gespannt wie sich die story weiter aufbaut und entwickeln wird!
halt mich auf dem laufenden!!!
liebe grüße!
Vielen Dank dir, Stefan! Ich sitze dran! (Jetzt endlich wieder…)
Moin Gesa,
Am Anfang fand ich, dass Du Hailey ein wenig zu schnell charakterisieren willst, wie mit einem Vorschlaghammer. “Merkwürdige Chinesen”, “Robert Pattinson”, “Daddy”?! - Alles klar!
Die Geschichte nimmt aber sehr schnell Fahrt auf und macht grossen Spass, besonders weil man merkt, wie Du eigene Reiseerfahrungen einwebst.
Von Oskar weiss ich noch nicht genug, will jetzt aber unbedingt wissen, was die beiden zusammen noch erleben werden… Und ich bin sicher, dass wir auch Hailey noch viel differenzierter kennen lernen werden. Freu mich drauf.
Hoffentlich bis bald mal wieder.
Viele Grüße.
Hannes
Hi Gesa
ich finde diese “schnelle Charakterisierung” super. Du transportierst viel mehr als nur Haileys Charakter, nämlich den Kulturschock, einen Teil Geschichte und in gewisser Weise das, wovor sich ein jeder erfahrener Reisende hütet, zu denken, da er weiß, dass der erste Schein nur durch die subjektive Wahrnehmung entsteht, fern jeder Realität liegt und nur auf die eigene Unerfahrenheit und das “Neu-Sein” zurückzuführen ist. Du lässt den Leser den ersten und wichtigsten Fehler des Reisenden erleben, nämlich unaufgeschlossen in diese neue Erfahrung zu gehen - was in deiner Geschichte (und der Realität, sofern die Person nicht sofort aufgibt) vermutlich zu einem interessanten Lernprozess und einer Wandlung der Person führen wird.
Schreib bitte so weiter, das ist flüssig und man taucht sehr schnell in deine Geschichte ein!
PS.: Sieht man im Hintergrund den Pier von Ko Tao?
Cheerio,
Andi
Hi Gesa
ich finde diese “schnelle Charakterisierung” super. Du transportierst viel mehr als nur Haileys Charakter, nämlich den Kulturschock, einen Teil Geschichte und in gewisser Weise das, wovor sich ein jeder erfahrener Reisende hütet, zu denken, da er weiß, dass der erste Schein nur durch die subjektive Wahrnehmung entsteht, fern jeder Realität liegt und nur auf die eigene Unerfahrenheit und das “Neu-Sein” zurückzuführen ist. Du lässt den Leser den ersten und wichtigsten Fehler des Reisenden erleben, nämlich unaufgeschlossen in diese neue Erfahrung zu gehen - was in deiner Geschichte (und der Realität, sofern die Person nicht sofort aufgibt) vermutlich zu einem interessanten Lernprozess und einer Wandlung der Person führen wird.
Schreib bitte so weiter, das ist flüssig und man taucht sehr schnell in deine Geschichte ein!
PS.: Sieht man im Hintergrund den Pier von Ko Tao?
Cheerio,
Andi
Hey Gesa
Schade gibt es nur 6 Seiten. Ich könnte das ganze Buch auf einmal lesen!
Ist wirklich gut geschrieben, man ist von Anfang an in der Geschichte und obwohl ich noch nie in Bangkok war, sehe ich es direkt vor mir
keep writing!!!
Cheers
Elina
Hatte viel Spaß beim lesen und möchte auch wissen wie es weiter geht.
Vielleicht willst du noch ein paar falsche Fährten legen, damit die Geschichte nicht zu durchschaubar wird !?
Laters Mathieu
Ihr Lieben, vielen Dank für euer Feedback!!!
Ungefähr die Hälfte des Buches ist mittlerweile fertig gestellt, und ja: die Geschichte wird noch um einiges verworrener. Vielen Dank auch für deinen Einwand, Mathieu! In der Hinsicht kann ich dich beruhigen: da passiert noch einiges
Sawadee krap Gesa,
Eine schöne Geschichte und ich bin wirklich gespannt wie es weitergeht.
Deine beiden Protagonisten beschreiben Personen die ich zuhauf auf meinen Reisen kennen lernen durfte. Die, die ihre alte Umgebung nicht abstreifen können, und die, die sich nicht mehr daran erinnern wie es einmal war.
Well done Gesa!
PS: Den ersten Kontakt mit Thailand in Bangkok zu erfahren ist aber auch ne harte Nummer
Wann und wo ist denn Dein Buch zu kaufen?
Hallo Torsten,
Ich hoffe, dass ich es bis Sommer nächsten Jahres fertigstellen werde. Es wird voraussichtlich als E-Book im Eigenverlag erscheinen und dann auch bei Amazon käuflich zu erwerben sein.
Aber wer weiß, was bis dahin passiert… Ich halte euch auf jeden Fall auf dem Laufenden!
Hallo Gesa,
wirklich super! Kompliment! Man taucht sehr schnell ein, kann richtig miterleben, wie deine zwei Protagonisten sich fühlen. Viel Spaß beim weiterschreiben. Gibt es noch weitere Leseproben?
Ich freue mich auch sehr für Dich, wie viele nette Kommentare in den letzten Tagen dazugekommen sind.
Liebe Grüße & alles Gute
Während ich diese Zeilen lese liege ich mitten in Bangkok in einem Bett das ich mir mit jemanden teilen muss
freiwillig!
Nun zu deinem Text. Ich habe den Text gespannt zu Ende gelesen. Die Story involviert einen sofort, ist spannend und zwingt quasi dazu mehr von den beiden extremen Charakteren zu erfahren. Du übertreibst allerdings manchmal merklich und solltest teilweise Synonyme verwenden, speziell für oft genannte Worte und Phrasen (Daddy). Auch würde ich darauf achten nicht zu klischeehaft aufzutreten. Ich gebe dir 4 von 5 Punkten.
Ich mag Reisebücher, in denen der Autor nicht nur selbst Protagonist ist, auch wenn vielleicht in dir oder in jedem von uns beim Reisen ein ganz bisschen Hailey oder Oskar steckt. Wenn du andere von dem Land erzählen lässt, das du selbst gesehen hast, ist das bestimmt schwieriger, gibt für ein Buch aber die bessere Story her.
Du hast einfach eine großartige “Schreibe” - freue mich riesig darauf, das ganze Werk zu lesen!
Heee, danke Timo! es ist noch ein weiter Weg, aber irgendwann wird vielleicht mal ein ganzes Buch draus